Viele wissen, dass ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel die Einlagerung von Körperfett begünstigt. Weniger bekannt ist jedoch, dass Cortisol auch den Aufbau von Muskelmasse behindert – und bestehende Muskulatur sogar abbauen kann.
Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das unser Körper in bestimmten Situationen benötigt. Gerät es jedoch aus dem Gleichgewicht, kann es ernsthafte Auswirkungen auf Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Körperzusammensetzung haben.
Zu hohe Cortisolwerte erhöhen den inneren Stresspegel, fördern Reizbarkeit und verschlechtern die Schlafqualität. Sie hemmen die Durchblutung, begünstigen die Ansammlung von Laktat in der Muskulatur, verlangsamen die Regeneration und führen zu Muskelabbau. Zudem sinken wichtige Hormone wie Testosteron, Wachstumshormone und Progesteron – allesamt entscheidend für Muskelaufbau und Fettabbau –, während Östrogen ansteigt.
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann sogar Zellen schädigen, die Insulinsensitivität herabsetzen und so langfristig zu erhöhtem Insulinspiegel führen – mit der Folge: mehr Körperfett, insbesondere im Bauchbereich.
Auch der sogenannte Tiefschlaf – entscheidend für Regeneration und Fettverbrennung – wird erschwert. Hinzu kommt: Cortisol stimuliert die Ausschüttung des Hungerhormons Ghrelin, was zu übermäßiger Nahrungsaufnahme führt, auch wenn gar kein echter Bedarf besteht.
Kurz gesagt: Ein ausbalancierter Cortisolhaushalt ist essenziell für Muskelaufbau, Fettabbau, erholsamen Schlaf und allgemeines Wohlbefinden.
Was Cortisol im Körper bewirkt
Wer schon einmal eine Stresssituation oder einen Schock erlebt hat, kennt das Gefühl eines Adrenalinschubs – und genau da ist Cortisol im Spiel. Es sorgt dafür, dass wir aufwachen, leistungsbereit sind und im Notfall schnell reagieren können.
Der Cortisolspiegel ist in der Nacht am niedrigsten und steigt morgens nach dem Aufstehen deutlich an. Doch das Hormon wird nicht nur morgens aktiv, sondern auch in jeder Art von Stresssituation – sei es körperlicher oder psychischer Natur.
Solange Cortisol im Gleichgewicht ist, erfüllt es lebensnotwendige Aufgaben. Doch bei chronisch erhöhtem Pegel beginnt es, genau gegenteilige Effekte zu erzeugen:
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Es hemmt die Durchblutung und fördert Muskelabbau.
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Es verlangsamt die Regeneration nach Belastung.
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Es senkt muskelaufbauende Hormone.
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Es steigert Insulinresistenz und begünstigt damit langfristige Gewichtszunahme.
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Es fördert Heißhunger, obwohl der Körper objektiv versorgt ist.
Die Folge: Erschöpfung, Reizbarkeit, Verdauungsprobleme, Libidoverlust, hormonelle Dysbalancen, depressive Verstimmungen, Spannungskopfschmerzen, Schlaflosigkeit – und: der Verlust von Muskulatur bei gleichzeitigem Aufbau von Fettgewebe.
Warum Cortisol Muskeln abbaut und Proteinsynthese verhindert
Unter normalen Bedingungen nutzt unser Körper Zucker und Fett zur Energiegewinnung. Aminosäuren – also die Bausteine von Proteinen – dienen in erster Linie dem Erhalt und Aufbau von Körperstrukturen wie Muskeln, Knochen, Haut oder Hormonen.
In Stresssituationen ändert Cortisol jedoch diese Priorisierung: Statt auf Fette zurückzugreifen, beginnt der Körper unter Cortisoleinfluss, Muskulatur abzubauen, um aus den enthaltenen Aminosäuren Energie zu gewinnen. Das Ziel: kurzfristiges Überleben sichern – langfristiger Erhalt des Körpers wird nachrangig behandelt.
Dabei greift der Körper nicht auf überschüssige Aminosäuren zurück, sondern baut aktiv Muskelzellen ab, um an die darin gespeicherten Proteine zu gelangen. Diese werden in Zucker umgewandelt – ein Prozess, der als Glukoneogenese bekannt ist. Fettreserven hingegen werden geschont und für „schlechte Zeiten“ gespeichert.
Gleichzeitig blockiert Cortisol die Proteinsynthese. Warum neue Muskulatur aufbauen, wenn die Aminosäuren gerade als Energiequelle gebraucht werden? In der Folge werden Muskelreparaturprozesse nach dem Training verlangsamt oder sogar ganz gestoppt. Wer unter erhöhtem Cortisolpegel trainiert, läuft also Gefahr, Muskelmasse zu verlieren statt aufzubauen.
Warum Training bei Stress oder Schlafmangel kontraproduktiv sein kann
Wenn man unausgeschlafen oder krank trainiert, ist der Cortisolspiegel meist bereits erhöht – und Muskelabbau hat begonnen. Ein Workout in diesem Zustand kann den Katabolismus noch verstärken, da der Körper nicht genug Ressourcen für Reparaturprozesse bereitstellen kann. Schlimmstenfalls droht sogar Muskelverlust.
Hinzu kommt: Bei Infekten werden Aminosäuren bevorzugt zur Bildung von Immunzellen verwendet – nicht zum Aufbau von Muskelgewebe. Wer trotzdem trainiert, riskiert nicht nur Übertraining, sondern verlängert auch die Regeneration erheblich.
In solchen Fällen ist es sinnvoller, die Aminosäurezufuhr zu erhöhen, anstatt die Belastung zu steigern. Der Körper braucht Unterstützung – keine zusätzliche Beanspruchung.
Was den Cortisolspiegel erhöht – und wie man ihn wieder senkt
Neben offensichtlichen Faktoren wie Krankheit oder psychischem Stress gibt es eine Reihe von Einflüssen, die den Cortisolspiegel erhöhen können:
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Schlafmangel
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Zu wenig Proteinzufuhr nach Trainingseinheiten
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Übermäßiger Zuckerkonsum (fördert Entzündungen und erhöht Insulin)
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Hohe Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren aus verarbeiteten Lebensmitteln
Industriell verarbeitete Nahrungsmittel enthalten meist Omega-6-Fettsäuren aus Mais- oder Sojaöl – beides Entzündungsverstärker. Wer seinen Cortisolspiegel senken will, sollte verarbeitete Lebensmittel weitgehend meiden und bevorzugt auf grasgefüttertes Fleisch und Omega-3-reiche Lebensmittel (z. B. Fisch, Leinsamen, Algenöl) setzen.
Auch Zucker – insbesondere raffinierter Zucker – begünstigt Entzündungen in den Blutgefäßen und damit Cortisolausschüttung. Die Reduktion auf natürliche Zuckerquellen (z. B. Obst) ist ratsam.
Wichtig ist auch die ausreichende Versorgung mit hochwertigen Proteinen und vollständigen Aminosäuren, etwa durch gezielte Supplementierung. Wer nach dem Training keine ausreichende Eiweißzufuhr hat, setzt dem Körper einen zusätzlichen Stressreiz aus – und der Cortisolspiegel steigt.
Ein Mangel an Vitaminen A, C, D und E kann die negativen Effekte von Cortisol verstärken. Diese Mikronährstoffe unterstützen die Zellgesundheit, fördern die Regeneration und wirken entzündungshemmend. Vitamin D trägt zusätzlich direkt zur Cortisolsenkung bei.
Ein weiterer zentraler Faktor ist Magnesium – ein häufig unterschätzter Mineralstoff, der in modernen Lebensmitteln oft nur unzureichend enthalten ist. Magnesium entspannt Muskulatur und Nervensystem, verbessert den Schlaf, senkt den Cortisolspiegel und hilft bei der Verarbeitung von Laktat.
Fazit
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel sabotiert Muskelaufbau und begünstigt gleichzeitig die Einlagerung von Fett – insbesondere im Bauchbereich. Die Ursachen sind vielfältig, aber oft beeinflussbar: schlechte Ernährung, zu wenig Schlaf, zu hoher Trainingsstress oder Nährstoffmängel.
Wer Fortschritte sehen möchte – sei es beim Muskelaufbau oder beim Fettabbau – sollte nicht nur auf Trainingspläne und Makronährstoffe achten, sondern auch auf seine Stresshormone.
Trainiere smart, achte auf deine Regeneration und gib deinem Körper, was er braucht – dann klappt es auch mit dem Körper, den du dir wünschst.